Vom Paulus zum Saulus – die Dokumentation einer verpassten Chance

Sicherheitsgipfel wieder ohne Fans – Fans aber weiter gesprächsbereit
13. Juli 2012
Unser Standpunkt
16. August 2012

Von nfdv.de:

Liebe Mitglieder des VfL Osnabrück,

heute wenden wir uns einmal direkt an Euch. An diejenigen, die die drei Rauten im Herz tragen. An diejenigen, die zum Teil seit Jahrzehnten die Spiele des VfL an der Bremer Brücke besuchen. An diejenigen, die selber als aktive Sportler zum Vereinsleben beitragen und an diejenigen, die den VfL als passives Mitglied ideell, moralisch und finanziell unterstützen.

Vieles ist in den letzten Monaten geschehen. Der VfL war in existenzbedrohende Finanzprobleme geraten und bekam unangenehmen Besuch von der Steuerfahndung. Der Verein wurde von den Bürgerinnen und Bürgern von Stadt und Landkreis Osnabrück zwischenzeitlich vor der unmittelbar bevorstehenden Insolvenz gerettet, die Hintergründe und Folgen der Steuerrazzia jedoch sind noch nicht aufgeklärt. Seit vielen Monaten begleitet den VfL auch eine kontroverse Debatte um eine mögliche Ausgliederung der Fußballlizenzspielermannschaft. Der Präsident ist zurückgetreten, der bisherige Vizepräsident Gert Lehker führt seither kommissarisch die Präsidiumsgeschäfte.

Fragen über Fragen – Antworten Fehlanzeige.

Vieles wurde in den vergangenen Wochen diskutiert und verhandelt. Das meiste davon leider jedoch hinter verschlossenen Türen. Dringende Fragen sind auch nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Juni noch immer nicht abschließend geklärt.

  • Wie hoch sind die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt? Wie hoch war die ursprüngliche Forderung? Wer hat die Fehler und die wirtschaftlichen Schäden, die mit der Steuerfahndung in Zusammenhang stehen, zu verantworten?
  • Wie konnte der Verein in eine existenzbedrohende finanzielle Schieflage geraten? Welche Lehren werden daraus gezogen? Welche personellen Konsequenzen wird es geben?
  • Welchen Weg der Professionalisierung geht der VfL? Welche Rolle spielt dabei eine mögliche Ausgliederung der Profimannschaft?
  • Welche Rolle kommt in Zukunft euch, den Mitgliedern des VfL, bei der Gestaltung des Vereinslebens zu? Werden die Rechte der Mitglieder gestärkt oder ihr Einfluss geschwächt?

Querulant, wenn es sein muss – Konstruktiv, wenn man uns lässt.

NfdV ist ein Zusammenschluss engagierter Mitglieder des VfL, der auf die Beantwortung dieser Fragen drängt. Wir sehen es in unserer Rolle als Vereinsmitglieder als unsere Pflicht und unser Recht an, über derart fundamentale Entwicklungen zu informieren und informiert zu werden und die Rechte der Mitglieder zu stärken. Auf unserem Weg haben wir bereits einiges erreicht. Dazu zählen die auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossenen Sozialtarife für eine Mitgliedschaft im VfL, die quartalsweise Zahlung der Mitgliedsbeträge, die Mitsprache von Mitgliedern bei den von der Vereinsführung eingesetzten Arbeitskreisen rund um die Professionalisierungs- und Ausgliederungsfragen und die von NfdV initiierte und mitorganisierte Saisoneröffnungsfeier.

Wir haben in den vergangenen Monaten Gespräche mit dem Wirtschaftsrat, dem Ehrenrat, dem Oberbürgermeister, einigen Sponsoren sowie vielen Fans & Mitgliedern geführt. Diese Gespräche verdeutlichen unsere Dialogbereitschaft und haben uns darüber hinaus gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Unsere Arbeit werden wir auch in den kommenden Wochen und Monaten konsequent fortsetzen. Dabei hoffen und zählen wir weiterhin auf die breite Unterstützung durch die Mitglieder des VfL Osnabrück, die auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung die von NfdV gestellten Anträge jeweils mit großer Mehrheit mitgetragen haben – vielen Dank! Wir haben auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Mehrheit erlebt, die mit kräftiger Stimme den Willen zur Aufklärung der kritischen Entwicklungen rund um den VfL zum Ausdruck gebracht hat.

Enttäuschte Erwartungen.

Wir möchten euch, die Mitglieder des VfL, weiterhin dazu ermutigen, mit uns gemeinsam für eine bessere Zukunft des VfL Osnabrück zu arbeiten, die aktuellen Entwicklungen kritisch zu begleiten, Fragen zu stellen und euer Informationsrecht einzufordern.

Denn leider gibt die Haltung der Vereinsführung in Person Gert Lehker derzeit keinerlei Anlass für Hoffnung auf ein konstruktiveres Miteinander von Vereinsmitgliedern und Vereinsführung. Die zunächst in Gert Lehker gesetzten Hoffnungen nach dem überraschenden Rücktritt von Präsident Dirk Rasch wurden aus unserer Sicht bitter enttäuscht.

Im Zuge der Steuerrazzia hatte Herr Lehker zunächst die Vorwürfe der Finanzbehörden unnötig überheblich zurückgewiesen, vollständige Transparenz und Aufklärung versprochen, sowie eine lediglich unbedeutende Nachzahlung prognostiziert. Inzwischen ist bekannt geworden, dass durch die Steuerfahndungsaktion alleine Rechtsberatungskosten in Höhe von 80.000 EUR entstanden sind, ein Betrag der sich zum Teil am Streitwert orientiert und somit Rückschlüsse auf eine ursprüngliche Forderung in Höhe von 1 – 1,5 Millionen EUR zulässt.

Der fehlende Wille zur Aufklärung – warum werden den Mitgliedern Informationen vorenthalten?

Von der versprochenen Transparenz kann ebenfalls keine Rede sein. Ein Antrag auf Informationen zum Ausgang der Steuerfahndungsermittlungen wurde stumpf abgebügelt, ein Angebot auf das Einsetzen einer neutralen Kommission zur Beurteilung des Ausgangs der Steueraffäre stur abgelehnt. Hier besteht seitens der Mitglieder ein berechtigtes und erhebliches Interesse, die Hintergründe zur Steuerfahndung zu erfahren. Auf welcher Grundlage könnten Herr Lehker und seine Kollegen aus dem Präsidium sonst bei der nächsten Jahreshauptversammlung entlastet werden?

Leider war Herr Lehker auch nicht bereit, die von der Unternehmensberatung ML Solutions attestierten „historischen Beziehungsgeflechte“, die den VfL behindern würden, näher zu erläutern. Herr Lehker hat sich damit direkt über den mit großer Mehrheit angenommenen Antrag zur Offenlegung des ML Solutions-Berichts hinweggesetzt. Angesichts der nicht wirklich geräuschlosen Vertragsverlängerung mit Lothar Gans, die von den Herren Lehker und Niemeyer (Jugendfreund von Gans) am Wirtschaftsrat vorbei beschlossen wurde, hätte sich an dieser Stelle sicherlich so manches Mitglied Informationen erhofft, was die Berater von ML Solutions gemeint haben könnten.

Eigenartiges Demokratieverständnis – Drohungen statt Argumente.

Als besonders problematisch erachten wir das Verhalten Gert Lehkers in Bezug auf die andauernde Ausgliederungsdebatte. Als Vereinsmitglieder begrüßen wir ausdrücklich das Vorhaben, den Verein personell und strukturell zu professionalisieren, doch verwehren wir uns gegen eine Vorabfestlegung auf eine Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft, die – wenn auch nicht formal-rechtlich, so doch faktisch – eine Beschneidung der bisherigen Mitgliederrechte darstellt. In der seit November letzten Jahres stattfindenden Diskussion um die Ausgliederung, haben wir den Eindruck gewonnen, dass es Gert Lehker zwar an guten Argumenten, nicht jedoch an Beharrlichkeit bei der Verfolgung des Ausgliederungsvorhabens mangelt. Immerhin teilt Gert Lehker unsere Einschätzung, dass eine für die Ausgliederung erforderliche 3/4-Mehrheit für eine Änderung der Vereinssatzung momentan nicht realistisch ist. Unklar bleibt, warum Herr Lehker von seiner Ankündigung, im Falle eines Scheiterns der Ausgliederung nicht länger für das Präsidialamt zur Verfügung zu stehen, inzwischen abgerückt ist und sich auch einen Verbleib im VfL e.V. über den November dieses Jahres hinaus vorstellen kann. Freilich nicht ohne zu betonen, dass er die Ausgliederungspläne auch trotz eines negativen Mitgliedervotums weiter vorantreiben will. Offensichtlicher kann man sich nicht gegen den Willen der Mitglieder stellen.

Darüber hinaus plant Interimspräsident Lehker das Mitspracherecht über die Ausgliederung massiv einzuschränken. Bereits von einer Kanzlei erstellte Satzungsentwürfe der Kapitalgesellschaften (welche Kosten sind dem Verein dafür entstanden?), die NfdV vorliegen, zeigen deutlich, dass die Mitglieder keinen direkten Einfluss auf die Besetzung des Aufsichtsrates haben. Stattdessen soll dieser von der Gesellschafterversammlung gewählt werden. Dem Verein steht in dieser zwar die Stimmenmehrheit zu, wie diese allerdings geltend gemacht wird, findet keine Erwähnung.

Den Mitgliederwillen mit Füßen treten. Den Dialog als Alibiveranstaltung.

Weiterhin wundern wir uns über Herrn Lehkers eigenmächtige Erweiterung der Zusammensetzung der Satzungskommission. Auf unseren Hinweis, dass dies nicht Teil des entsprechenden Antrags gewesen sei, ließ Herr Lehker kurzerhand verlauten, dass er die Änderung des Protokolls der außerordentlichen Mitgliederversammlung bereits veranlasst habe. Wir finden es befremdlich, wie selbstverständlich Herr Lehker dazu bereit ist, einen von den Mitgliedern gefassten Beschluss in seinem Sinne abzuändern.

Denselben Elan wünschten wir uns auch bei der Umsetzung der beantragten und beschlossenen Einführung von Sozialtarifen, auf die wir und zahlreiche potenzielle Mitglieder – Stand heute, zwei Monate nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung – leider immer noch warten. Dies stellt eine Unverschämtheit gegenüber denjenigen dar, die gerne Teil des Vereins sein wollen, sich dies jedoch aufgrund der hohen Beitragshürde nicht leisten können.

Immer wieder müssen wir erleben, wie sich Gert Lehker unverschämt über den zum Ausdruck gebrachten Willen der Vereinsmitglieder hinwegsetzt, für die Beurteilung seiner Arbeit entscheidende Informationen zurückhält und die von ihm mehrfach in der Presse in Aussicht gestellte Dialogbereitschaft ad absurdum führt. Es ist uns auch nicht entgangen, dass Herr Lehker in der Aufnahme eines Fanvertreters in die Satzungskommission einen Beleg für die Einleitung eines Veränderungsprozesses in Sachen Kommunikation sieht, was angesichts der Tatsache, dass dies per Beschluss auf einer Mitgliederversammlung erzwungen werden musste, geradezu grotesk anmutet.

Ist Gert Lehker wählbar?

Es drängt sich generell der Eindruck auf, dass sich Interimspräsident Lehker dem Willen der Mitglieder des Vereins, dem er lediglich kommissarisch vorsteht, bewusst zu entziehen versucht. Über die Gründe für dieses Verhalten können wir nur spekulieren, doch fällt uns keiner ein, der sich mit dem Wunsch einer offenen, gelebten und konstruktiven Vereinsdemokratie vereinbaren lässt.

Herr Lehker ließ sich im Anschluss an die außerordentliche Mitgliederversammlung in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit den Worten zitieren, dass er glaube, dass einige Personen eigene Interessen verfolgten, die nicht identisch seien mit den Bedürfnissen des VfL. Angesichts der Vertuschungs- und Hinhaltepolitik, die Herr Lehker seit seinem Amtsantritt verfolgt, möchten wir dem nicht widersprechen!

All dies macht den nicht gewählten Präsidenten Gert Lehker zu einem nicht-wählbaren Präsidentschaftskandidaten.